Es ist jetzt auch schon ne Weile her, doch diese Diskussion ist so erschütternd wie immer noch aktuell.
Vor zehn Jahren entschloss sich ein Komitee der presbyterianischen Kirche der USA zur Überarbeitung des Gesangsbuches, eine Hymne nicht mehr ins neue Buch aufzunehmen. Es handelt sich dabei um das Lied „In Christ Alone“, auf deutsch „In Christus liegt mein ganzer Halt“. Das 15-köpfige Komitee entschied sich dazu mit 9 zu 6 Stimmen.
Der Grund liegt in einem Vers der zweiten Strophe. Die entsprechenden Worte lauten:
„Til on that cross as Jesus died
The wrath of God was satisfied“
auf deutsch:
„Doch dort am Kreuz, wo Jesus starb
und Gottes Zorn ein Ende fand“
Das Komitee fragte bei den Autoren nach, ob der Text abgeändert werden könnte - von „The wrath of God was satisfied“ zu „The love of God was magnified“; von „und Gottes Zorn ein Ende fand“ zu „und Gottes Liebe sichtbar ward“.
Die Begründung war, dass diese Aussage von der Befriedigung des Zornes Gottes eine mittelalterliche Theologie sei, die heute nicht mehr angebracht sei und nicht verstanden würde. Das ist das, was „satisfied“ bedeutet: zufriedengestellt, befriedigt.
Die Autoren, Stuart Townend und Keith Getty, haben die Änderung des Textes abgelehnt. Und so verschwindet nun das Lied aus dem presbyterianischen Gesangsbuch.
Es ist gut erkennbar, dass unter Christen, egal welcher Ausrichtung oder Denomination, gewisse Eigenschaften Gottes mit offenen Armen akzeptiert werden (Liebe, Gnade, Barmherzigkeit…), andere aber ausgeblendet und am liebsten in einer liberalen, kritischen Theologie wegrationalisiert werden (Gerechtigkeit, Zorn, Eifersucht…).
Wenn wir aber genau das tun, entgegen des Zeugnisses der Schrift, verkümmert unser Gottesbild. Die Gefahr solch eines niedrigen, verkümmerten Gottesbildes ist ein verkümmerter, schwacher und verführbarer Glaube - ganz zu schweigen von einem solchen Leben.
Die biblische Lehre von Gottes Gerechtigkeit und seinem Zorn dürfen wir nicht einfach über Bord werfen, nur weil sie nicht mehr in diese Zeit passt. Die Verantwortung, das Evangelium zu verbreiten, so wie der Sohn es gepredigt hat, ist real. Ebenso real sind Gottes Eigenschaften in ihrer Fülle, so wie Er absolut alles liebt, was Er geschaffen hat, so sehr hasst Er die Sünde und den Sünder. Seine Gnade kann Er erst erweisen, wenn seiner Gerechtigkeit genüge getan ist.
Es gibt keine Liebe ohne Gerechtigkeit, keine Gnade ohne Zorn. Man kann Gott nicht aufspalten in 20% Gerechtigkeit, 40% Liebe, 20% Barmherzigkeit, etc. Sein Zorn, geboren aus seiner Gerechtigkeit, ist dementsprechend. Gott ist alles in allem, und alle seine Eigenschaften sind 100%. Denn Er ist perfekt.
Wenn es nicht so wäre, hätte Christus nicht am Kreuz sterben brauchen, dann hätte Gott mit einem Fingerschnippen seine Heiligkeit und seine Gerechtigkeit schnell übergehen können. Kann Er aber nicht.
Aber das ist ein anderes Thema, das werden wir vielleicht später mal behandeln.
Vrgl. Num 25,3; 32,10; Dtn 7,7f; Jes 10,1ff; 13,13; 30,27f; 48,9; Hes 7,8; Ps 2,12; 78,21f; 80,5; Mt 23,23; Joh 3,36; 1. Kor 6,9f; Röm 1,18; 2,5; 3,10-12; 3,25; 5,10; Eph 2,3 uvm. … vrgl. auch „Tag des Herrn“
Link zum Artikel (englisch)