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Die Geschlechter (1): Quelle der Seelen

11.07.2025

Die älteren Leser können sich sicher noch daran erinnern, wie Dr. Indiana Jones in „Jäger des verlorenen Schatzes“ auf der Suche nach der verschollenen Bundeslade in einem verschütteten Tempel mit Stab und Edelstein nach der „Quelle der Seelen“ suchte. An diesem Ort vermutete er die  Bundeslade. Er hatte Recht und fand sie auch.

Dieser Ausdruck „Quelle der Seelen“ zeugt, auch wenn er eine Erfindung der Drehbuchautoren ist, von der Suche nach der Antwort zu folgender Frage: Woher kommen die Seelen?

Unsere Körper werden geboren, altern und sterben.  Unser Leib ist vergänglich, die Seele aber ist ewig, von beidem zeugt die Bibel. Vergleiche dazu Ps 146,4; 90,10; Joh 5,28f und das Gleichnis vom armen Lazarus Lk 16 (so als wenige Beispiele). Dass der Leib von Gott erschaffen ist, wir kommen später noch darauf zurück, kann nicht bezweifelt werden. Was ist aber mit der Seele? Diese Frage trieb schon die Kirchenväter des Altertums um.

 

Vielleicht müsste man zuvor noch darüber sprechen, was die Seele überhaupt sei und aus welchen und wievielen Teilen der Mensch geschaffen ist. Die würde hier aber den Rahmen sprengen, nur soviel: In der Bibel erkennen wir eine starke Betonung, dass der Mensch eine komplexe Einheit von Seele und Leib (Dichotomie - Zweiteilung) ist, wobei die Seele der Ausdruck der Personenhaftigkeit ist. Gott erschuf den Menschen aus Staub und hauchte ihm das Leben ein (Gen 2,7); Leib und Seele, das eine ist tötbar (Mt 10,28); Wort Christi am Kreuz (Lk 23,43); u.v.m. Der Mensch besteht demnach aus einem sterblichen Leib und einer unsterblichen Seele. Ich möchte es hier dabei belassen (vielleicht schauen wir uns dieses Thema ein andermal an).

 

Nun, für den Ursprung der Seele gab und gibt es drei Auffassungen: 

  • Die Präexistenz: Die Seele existiert schon irgendwo vorher und wird dem Leib eingepflanzt
  • Kreatianismus: Die Seele wird bei der Zeugung unmittelbar von Gott geschaffen und dem neuen Leben mitgegeben.
  • Traduzianismus oder Generatianismus: Die Seele entsteht natürlich im Fortpflanzungsprozess und wird von den Eltern auf die Kinder übertragen.

 

Präexistenz

Manche frühen Christen hielten sich an die platonische Theorie, dass die Seelen irgendwo schon vorher existieren und dem Leib dann eingepflanzt wird. Sogar Origenes (ca. 184 - 254), der frühkirchliche Theologe, der mit seiner Affinität zu Plato auch dessen Konzept der Dreiteilung des Menschen in Körper, Seele und Geist (Trichotomie) ins Christentum übertrug, lehrte, dass Gott eine gewisse oder feste Anzahl an Seelen erschuf, von denen einige dann mit Körpern verbunden und zu Menschen wurden. Diese Ansicht wurde aber im 2. Konzil zu Konstantinopel (553) verworfen und zu Recht als Häresie (Irrlehre) verurteilt, da sie keine biblische Grundlage vorweist. Sie erinnert dabei auch stark an die Irrlehren der Gnostik.  Auch im Islam wird eine Art Präexistenz vertreten.

 

Kreatianismus

Unter anderen vertraten Hieronymus (ca. 320-420), Thomas von Aquin (1225-1274) und Johannes Calvin (1509-1564) die Auffassung des Kreatianismus (nicht verwechseln mit Kreationismus). Heute gilt der Kreatianismus in der röm-kath. Kirche und den reformierten Kirchen als die rechte Lehre. Dabei handelt es sich um die Aussage, dass irgendwann zwischen Empfängnis und Geburt die Seele von Gott erschaffen und dem ungeborenen Leben eingepflanzt wird, im Gegensatz zum Leib, der von den Vorfahren weitergegeben wird.

 

Traduzianismus

Tertullian (ca. 160-220), Gregor von Nyssa (ca. 330-ca. 395) und auch Martin Luther (1483-1546) sind Vertreter des Traduzianismus, oder auch Generatianismus. Bei dieser These handelt es sich um die Auffassung, dass nicht nur der Leib, sondern auch die Seele beim natürlichen Fortpflanzungsprozess von den Eltern auf ihre Kinder übertragen wird. Adams Leib und Seele wurden freilich von Gott direkt geschaffen, doch alle folgenden Generationen entstanden in der Fortpflanzung des Menschen - eine Ordnung Gottes. Gott schuf Adam nach seinem Bilde, doch die Söhne Adams ähnelten ihrem Vater, (Gen 5,3). Die Traduzianisten sagen nun, dass dies die Seele einschliesst.

 

Beurteilung

Durch die Verurteilung als Häresie fällt die Präexistenz aus der Beurteilung.  Der grosse Schwachpunkt des Kreatianismus ist die Aussage, dass Gott seit dem sechsten Schöpfungstag ununterbrochen bei der Erschaffung von Seelen ex nihilo tätig wäre. Doch gemäss den Schöpfungsberichten hörte Gottes direkte Schöpfungstätigkeit am sechsten Tag auf, denn am siebten ruhte er (Gen 2,1f). Es gibt auch keinen biblischen Beleg dafür, dass die Seelen direkt von Gott geschaffen werden. Im Gegenteil, damit würde eine seltsame Asymmetrie in die Entstehung einer neuen Person entstehen, da der Leib weiterhin von den Eltern abstammte. Selbst Davids Worte in Ps 139,13.15 bedeuten ja auch nicht, dass Gott seinen Leib direkt erschuf. Gott ist der Schöpfer des Menschen, hat aber die Ordnung der menschlichen Fortpflanzung geschaffen, um die Erde zu füllen (Gen 1,28). Er ist der Urheber allen neuen Lebens, hat aber dem Menschen die Möglichkeit gegeben, Gott auch in diesem Akt ähnlich zu sein. Dabei gibt er nicht nur leibliche Merkmale an seine Kinder weiter, sondern eben auch mentale oder emotionale Merkmale - oder eben auch die Sünde (daher Erbsünde). In dieser Hinsicht scheint der Traduzianismus die zu bevorzugende Auffassung zu sein.

Ein Traduzianist wird seine Probleme mit der Fristenlösung haben, der Kreatianist aber gar nicht. Die Aussage, das Gefühl zu haben, in einem falschen Körper geboren zu sein, wird aber von beiden nicht angenommen werden. Der Kreatianist hätte das Problem, dass damit unterstellt wird, Gott habe einen Fehler gemacht, der Traduzianist kann damit nichts anfangen, da die Schöpfung von Seele und Leib gleichzeitig stattfindet und es somit unlogisch wäre. Nun, wenn freilich jemand nicht an Gott glaubt, spielt dies alles keine Rolle. Ein Christ aber, sofern er es ernst meint, muss sich entscheiden, ob er sich Gott und seinem Wort beugen will, oder ob nicht. Wenn er aber Christ bleiben will, hat er eigentlich keine Wahl und folgt Gottes Wort.

 

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Indiana Jones findet den Standort der Bundeslade

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